Die Containerformate
Nachdem wir im Grundlagen-Abschnitt schon erklärt haben, was ein Container eigentlich ist, sehen wir jetzt die wichtigsten etwas näher an. Eine Übersicht der Funktionalität findet sich weiter unten auf dieser Seite.
Matroska (MKV)
Matroska ist 2003 mit dem Ziel angetreten, AVI als Standard-Allzweckcontainer abzulösen. Entsprechend flexibel ist das Design. Matroska unterstützt eine äußerst breite Palette von Video-, Audio und Untertitelformaten, enthält ein umfangreiches Metadaten-System einschließlich Kapiteln und bietet Spezialitäten wie Seamless Branching – mit dem wir mehrere Versionen eines Films in einer Datei unterbringen können – oder die Fähigkeit, mehrere Dateien aneinander zu linken. Einen passenden Filter vorausgesetzt, können wir so z.B. sämtliche Folgen einer Serienstaffel im Player als einen großen Komplettfilm erscheinen lassen.
Heute gehört Matroska zu den wichtigsten Containern überhaupt. Die Release-Szene hat ihn sich auserkoren, um HD-Filme zu verbreiten. Die Hardwareunterstützung wächst ständig, und auch Google setzt für WebM (siehe unten) auf eine abgespeckte Variante von Matroska. Gerade in jüngster Zeit verbreitet sich Matroska außerdem über sein angestammtes Einsatzgebiet als Container für den fertigen Film hinaus und wird weiter vorn in der Verarbeitungskette eingesetzt – z.B. als temporäre Hülle für das Video, wenn wir eine Blu-ray auf die Festplatte rippen.
MP4
Der MPEG-4-Standard definiert in Part 14 sein eigenes Containerformat mit dem Namen MP4, was gleichzeitig als Dateiendung verwendet wird. Er unterstützt Menüs und eine recht eingeschränkte Auswahl an Video-, Audio- und Untertitelformaten. Gerade deswegen und als Teil eines Industriestandards ist er interessant für Hardwarehersteller.
Am Computer kann der eingeschränkte Funktionsumfang eher störend wirken. Aber um es ganz deutlich zu sagen: MP4 ist für Kompatibilität gemacht und entsprechend sollte man ihn behandeln. Standardkonforme Streams sind Pflicht. Wozu auch MP4 aufbohren? Schließlich haben wir Matroska für die maximale Flexibilität.
Man kann es nicht oft genug sagen, deshalb an dieser Stelle noch einmal: MPEG-4 und MP4 sind nicht dasselbe! MPEG-4 ist der Name des kompletten Standards, MP4 ist der Name des in diesem Standard definierten Containerformats.
Audio/Video Interleave (AVI)
AVI ist eine Entwicklung von Microsoft, die 1992 mit dem Video-for-Windows-Framework in Windows 3.1 eingeführt wurde. Ein kurzer Videoclip im Briefmarkenformat stellte damals das höchste der Gefühle dar. Komplette Filme im Vollbild hatte bei der Entwicklung des Containers niemand im Sinn. Solange ASP-Video mit Xvid/DivX und MP3-Audio den Standard darstellte, war das noch keine Katastrophe – obwohl auch hier schon einige Verrenkungen nötig waren, um z.B. B-Frames oder VBR-MP3 zu unterstützen. AVI hat sich erstaunlich lange gehalten, und erst die Entwicklung der letzten Jahren hat schließlich dazu geführt, dass er an seinem Lebensende angelangt ist.
Weder moderne Videoformate (allen voran H.264) noch moderne Audioformate (wie AAC oder Vorbis) lassen sich sinnvoll in AVI unterbringen. Untertitel sind praktisch nur als externe Dateien möglich, die schlaue Player trotzdem erkennen. Alles in allem taugt nur noch ein alter AVI-fähiger Hardwareplayer als Ausrede, um den Container doch einzusetzen.
Und dann waren da noch …
- Ogg ist der native Container für die Audio-/Videoformate der Xiph.Org Foundation. Am bekanntesten ist er als Container für Vorbis-Audio mit der Dateiendung .ogg. Er kann aber auch z.B. FLAC-Audio, Theora-Video oder eine Kombination davon enthalten. Ogg kann also deutlich mehr als Ogg Vorbis, spielt als Vielzweck-Container aber höchstens in der Open-Source-Szene eine Nischenrolle – i.d.R. als Ogv-Datei mit Theora-Video und Vorbis-Audio.
- OggMedia (Dateiendung .ogm) stammt aus der Zeit um 2000, als man gerne Vorbis als Tonspur verwendet hätte, aber es außer AVI nichts gab – und AVI unterstützt kein Vorbis. OggMedia löste das Problem, indem er einfach gesagt den umgekehrten Weg ging und eine AVI in Ogg verpackte. Mehr als eine Notlösung war das nie, und heute ist OggMedia entsprechend mausetot. Die meisten Player können ihn aber noch abspielen.
- Advanced Systems Format (ASF) ist Microsofts Versuch, einen AVI-Nachfolger zu entwickeln. Heute wird er praktisch ausschließlich für die Formate der Windows-Media-Familie verwendet: WMA für Audio und WMV für Video. Entsprechend selten sind Dateien, die tatsächlich die Endung .asf haben.
- WebM ist eine abgespeckte Variante von Matroska, die sich auf VP8-Video und Vorbis-Audio festlegt. Dank Googles Unterstützung könnte WebM zu dem Format für flash-loses Webvideo werden.
Die Fähigkeiten der Container im Vergleich
Matroska | WebM | MP4 | AVI | |
---|---|---|---|---|
Matroska | WebM | MP4 | AVI | |
Video | ||||
H.264 | Ja | Nein | Ja | Nein (1) |
Xvid, DivX | Ja | Nein | Ja | Ja |
VC-1 | Ja | Nein | Nein | Nein (1) |
VP8 | Ja | Ja | Nein | Nein |
Audio | ||||
MP3 | Ja | Nein | Ja | Ja |
Vorbis | Ja | Ja | Nein | Nein |
AAC | Ja | Nein | Ja | teils (2) |
AC-3, DTS | Ja | Nein | Nein | Ja |
TrueHD, DTS MA | Ja | Nein | Nein | Nein |
Untertitel | ||||
Text | Ja | Nein (4) | Ja | Nein (3) |
Grafisch | Ja | Nein | Nein | Nein |
Metadaten | ||||
Stream-Info (5) | Ja | Ja | Ja | Nein |
Kapitel | Ja | Nein | Ja | Nein |
Menüs | Nein (6) | Nein | Nein (6) | Nein |
Player | ||||
Computer | Ja | Ja | Ja | Ja |
Hardware | teils (7) | Nein | Ja (7) | Ja (7) |
(1) H.264 und VC-1 in AVI sind mit Verrenkungen und Einschränkungen teilweise möglich, aber ohne praktischen Wert.
(2) AAC in AVI kann nur von AVI-Mux GUI gemuxt werden und wird nur beim Abspielen am Computer unterstützt.
(3) DVD-Vobsubs könn mit Tricks in AVI gemuxt werden, haben aber keine Unterstützung in den populären Playern VLC und MPlayer.
(4) Anfang 2012 unterstützt WebM offiziell noch keine Untertitel. Sie sollen aber später in Form von WebVTT nachgerüstet werden.
(5) Damit sind Angaben wie Sprache oder Trackname gemeint.
(6) Menüs sind in der Spezifikation vorhanden, aber ohne praktische Unterstützung.
(7) Hardwarewiedergabe ist immer mit Einschränkungen verbunden, was die unterstützten Codecs angeht. Matroska-Hardware verbreitet sich v.a. in Form von Multimedia-Festplatten und besseren Wohnzimmer-Playern. Das gilt auch für MP4. Dazu kommen die meisten Smartphones und viele andere mobile Geräte. Die alten DivX-fähigen DVD-Player verwenden AVI als Container.
Empfehlung
Fürs normale Abspielen per Softwareplayer gibt es keinen Grund, nicht Matroska zu verwenden. Er bietet uns die größte Flexibilität bei der Wahl der Codecs und hat die umfangreichsten Metadaten und Zusatzfeatures.
Wenn Matroska nicht in Frage kommt, ist das praktisch immer ein Kompatibilitätsproblem mit einer Spezialanwendung, z.B. Web-Streaming oder die Wiedergabe auf einem Hardware-Player. Welche Einschränkungen dann gelten, ist von Fall zu Fall äußerst verschieden und betrifft nicht nur den Container, sondern oft auch die möglichen Codecs bis hin zu deren Konfiguration, der maximal möglichen Bitrate und ähnlichem.
Wie die Regeln genau aussehen, muss jeder für seinen Anwendungsfall selbst herausfinden. Die Vielfalt der Einschränkungen ist zu groß, als dass ich eine allgemeine Empfehlung geben könnte.
Weiterführende Links
- LAV Splitter für DirectShow-Player mit Unterstützung für alle wichtigen Container und Blu-rays
Kommentare
Kommentar von blausand | 8.2.2012
Wird wohl Zeit, hier mal mit dem Staublappen drüberzugehen, oder?
Datumsangabe auf Webseiten ist übrigens in der Regel eine gute Sitte. Gerade, wenn man über technische Entwicklungen berichtet, steht man mit so einem Anspruch, zeitlose Wahrheiten zu kennen, schnell etwas ranzig da.
Achja, dasselbe gilt für den verlinkten Converter StaxRip.
Gruß, und danke für die Mühe trotzallem!
Kommentar von Brother John | 8.2.2012
Hast recht mit den Datumsangaben. Gabs füher. Hätte ich gerne wieder. Das Problem ist Contao, das nicht so mag wie ich. Wenn ich mal Zeit und Lust finde, mich durch die Technik zu fieseln … Da so ein Datum auch nicht der heilige Gral ist, um veraltete Seiten zu erkennen, hat das keine allzu hohe Priorität.
Dass du mir den Staub ausgerechnet auf der brandaktuellen Containerseite vorwirfst, die auch vorher nicht wirklich veraltet war, finde ich schon ein bisschen lustig. Staubige Ecken gibt’s natürlich. Und natürlich aktualisiere ich die nach und nach. Woher du das mit dem Anspruch auf zeitlose Wahrheit hast, ist mir schleierhaft. Hab ich nie beansprucht und werde ich auch nie beanspruchen.
Kommentar von Chew | 7.9.2012
Hallo,
ein großer "Vorteil" von MP4 dürfte wohl sein, dass die iOS Geräte mit Hardwareunterstützung dafür daher kommen (andere vielleicht auch?). Das ist auch direkt der Grund, weshalb MKV für mich nicht in Frage kommt (was habe ich von Files, die ich zwar auf dem Rechner aber nicht auf meinen Mobilgeräten ansehen kann). Zudem glaube ich, dass DLNA nicht unbedingt reibungslos mit MKV läuft (habe aber keine Tests damit gemacht, weil ich ja praktisch keine MKV Files habe).
Eben das ist natürlich mit "Kompatibilitätsformat" gemeint, anders herum sollte man aber evtl. darauf hinweisen, dass es mit MKV da manchmal zu Problemen kommen kann.
Ein kleiner Hinweis: In der Kompatibilitätstabelle steht, MP4 könnte nicht mit AC3. Vielleicht stimmt das genau genommen sogar, ich habe mir die Formatdefinitionen nicht durchgelesen. Ich erstelle mit Handbreak aber durchaus MP4 Files, die auch AC3 Tracks haben. Und angespielt wird das auch.
Grüße!
Kommentar von Brother John | 7.9.2012
Bei der Hardwarewiedergabe kann viel in die eine oder andere Richtung sein. Den Gerätezoo kann und will ich gar nicht im Blick haben. Dazu kommt, dass ich seit fast einem Jahrzehnt nahezu ausschließlich Matroska verwende. Ein bisschen Fanboytum bleibt da nicht aus. ;)
In Sachen MP4 und AC-3: Offiziell geht das nicht. Und dann doch. Es gibt eine Erweiterung der AC-3-Specs, die die Einbettung in MP4 definiert. Rein formal juckt das MP4 aber gar nicht. Aber: Als privaten Stream kann man beliebiges Zeug in MP4 packen. Also geht’s doch. Genau so macht es wahrscheinlich die AC-3-Spec-Erweiterung. Den Segen den MPEG als Standard-Audioformat für MP4 hat AC-3 aber nach wie vor nicht, und wird es imo auch nie haben. Was natürlich anders herum die Praxis herzlich wenig juckt. Deswegen schwanke ich auch ständig, ob MP4 doch zumindest ein »teils« bei AC-3 kriegen sollte. Wahrscheinlich wär’s wohl tatsächlich mal nötig. *todolist rauskram*