Nachdem wir im Grundlagen-Abschnitt schon erklärt haben, was ein Container eigentlich ist, sehen wir jetzt die wichtigsten etwas näher an. Eine Übersicht der Funktionalität findet sich weiter unten auf dieser Seite.
AVI stammt aus der Zeit, in der ein kurzer Videoclip im Briefmarkenformat das höchste der Gefühle darstellte. Komplette Filme im Vollbild, codiert mit modernen Encodern, hatte bei der Entwicklung des Containers niemand im Sinn. Für diese Voraussetzungen hält sich AVI zwar erstaunlich gut, allerdings zeigt er spätestens seit dem Erfolg der echten MPEG-4-Codecs (was in die Zeit von DivX 4 zurückreicht) Schwächen. Denn um MPEG-4-Video zuverlässig in den AVI-Container zu packen, musste der Stream auf eine Art verändert werden, die dem MPEG-4-Standard entgegenläuft. Außerdem hat AVI mit einigen Einschränkungen und Problemen zu kämpfen, die oft nicht am Containerformat selbst, sondern an alten und fehlerhaften Tools und Filtern liegen. MP3 mit variabler Bitrate funktionierte lange Zeit nicht, genauso wie AAC. Und nach wie vor ist es nicht möglich, Vorbis-Audio zu verwenden. Metadaten, wie Informationen zu den Streams oder eine Kapitelliste, werden nicht unterstützt, genauso wenig wie Menüs.
Trotzdem hat sich AVI bis heute als wichtiger und gut von Wohnzimmerplayern unterstützter Container für MPEG-4-Video behauptet. Für die Wiedergabe am Computer gibt es dagegen kaum noch einen Grund, AVI zu verwenden.
Das ambitionierte Containerprojekt von matroska.org ist mit dem Anspruch angetreten, AVI zu ersetzen. Das Potenzial dazu hat der Container allemal: Er unterstützt eine äußerst breite Palette von Video-, Audio und Untertitelformaten, enthält ein umfangreiches Metadaten-System (einschließlich Kapiteln) und bietet Spezialitäten wie Attachments (ähnlich E-Mail-Anhängen) oder die Fähigkeit, mehrere Dateien aneinander zu linken. Einen passenden Filter vorausgesetzt, können die dann als ein langer Film abgespielt werden. Auch DVD-ähnliche Menüunterstützung ist vorgesehen, allerdings noch nicht funktionsfähig.
Was fehlt, ist die breite Unterstützung außerhalb des PCs. Aufgrund der nahezu endlosen Fähigkeiten stellt Matroska für einen Standalone-Hersteller eine weniger attraktive Lösung dar als ein Container mit enger definiertem Funktionsumfang, wie z.B. MP4, da der einfacher implementiert werden kann und weniger potenzielle Problemquellen aufweist. Am Computer bietet Matroska allerdings klar die umfangreichsten Freiheiten.
Aktuell findet jedoch eine Entwicklung statt, die verblüffend an den Aufstieg von AVI und DivX erinnert. Wie damals mit AVI hat sich die illegale Release-Szene nun Matroska als Container auserkoren, um HD-Filme zu verbreiten. Ungeachtet aller Fragen von Recht und Unrecht, hat diese Szene zweifellos das nötige Schwergewicht, um neue Standardformate zu etablieren. Und tatsächlich beginnen Hardwarehersteller inzwischen, sich an Matroska heranzuwagen. Dazu gesellt sich seit Version 7 auch DivX. Dem Container könnte also noch eine große Zukunft bevorstehen.
Der MPEG-4-Standard definiert in Part 14 sein eigenes Containerformat mit dem Namen MP4, was gleichzeitig als Dateiendung verwendet wird. Er unterstützt Menüs und eine recht eingeschränkte Auswahl an Video-, Audio- und Untertitelformaten. Gerade deswegen und als Teil eines Industriestandards ist er interessant für Hardwarehersteller.
Am Computer kann der eingeschränkte Funktionsumfang eher störend wirken. Aber um es ganz deutlich zu sagen: MP4 ist für die Welt der Hardwareplayer gemacht und entsprechend sollte man ihn behandeln. Standardkonforme Streams sind Pflicht. Die Einschränkungen der erlaubten Streamformate haben ihren Sinn und sollten respektiert werden. Wozu auch MP4 aufbohren? Hardwareplayer werden sich eher an den Standard halten und mit solchen Zusatzfeatures nichts anzufangen wissen. Und am Computer spricht nichts dagegen, Matroska zu verwenden, wenn man auf maximale Freiheit Wert legt.
Man kann es nicht oft genug sagen, deshalb an dieser Stelle noch einmal: MPEG-4 und MP4 sind nicht dasselbe! MPEG-4 ist der Name des kompletten Standards, MP4 ist der Name des in diesem Standard definierten Containerformats.
Da Vorbis in AVI unmöglich ist, warum sollte nicht der umgekehrte Weg funktionieren: also eine AVI in den Ogg-Container zu packen? Das Ergebnis heißt OggMedia und unterstützt natürlich Vorbis, genauso wie MP3, AC-3, DTS und AAC. Untertitel und Kapitel sind auch kein Problem. Allerdings ist OGM ein aus der Not geborenes Format, um ein spezielles Problem – nämlich Vorbis als Filmtonspur – zu lösen. Es existiert keine Dokumentation und die Entwicklung steht seit vielen Jahren still. OggMedia kann nichts, was Matroska oder MP4 nicht genauso können. Wie alle Notlösungen, so sollte man auch OGM in Ruhe sterben lassen, wenn eine bessere Alternative verfügbar ist.
Matroska | MP4 | AVI | OggMedia | |
---|---|---|---|---|
MPEG-4-Video | ||||
Xvid, DivX | Ja | Ja | Ja | Ja |
H.264 | Ja | Ja | Nein [1] | Nein [1] |
Audio | ||||
MP3 | Ja | Ja | Ja | Ja |
Vorbis | Ja | Nein | Nein | Ja |
AAC | Ja | Ja | teils [2] | Ja |
AC-3, DTS | Ja | Nein | Ja | Ja |
Untertitel | ||||
Text | Ja | Ja | Nein [3] | Ja |
Grafisch | Ja | Nein [4] | Nein | Nein |
Metadaten | ||||
Stream-Info [5] | Ja | Ja | Nein | teils |
Kapitel | Ja | Ja | Nein | Ja |
Menüs | Nein [6] | Nein [6] | Nein | Nein |
Player | ||||
Computer | Ja | Ja | Ja | Ja |
Hardware | teils [7] | Ja [7] | Ja [7] | Nein |
Matroska | MP4 | AVI | OggMedia |
[1] Ist mit großen Verrenkungen und Einschränkungen teilweise möglich, aber ohne praktischen Wert.
[2] AAC in AVI kann nur von AVI-Mux GUI gemuxt werden und wird nur beim Abspielen am Computer unterstützt.
[3] Kann nur mit Tricks in AVI gemuxt werden und hat keine Unterstützung in den populären Playern VLC und mplayer.
[4] Im Standard nicht vorgesehen. Von Nero über private Streams trotzdem realisiert, hat aber keine allgemeine Unterstützung bei der Wiedergabe.
[5] Damit sind Angaben wie Sprache oder Trackname gemeint.
[6] Im Standard vorhanden, aber ohne praktische Unterstützung.
[7] Matroska-Hardware verbreitet sich langsam v.a. in Form von Multimedia-Festplatten und Wohnzimmer-Playern aus der oberen Preisklasse. MP4 existiert in Form Nero-zertifizierter Player und in vielen mobilen Geräten. Die üblichen DivX-fähigen DVD-Player verwenden AVI als Container, unterstützen aber bei den Codecs nur einen mehr oder weniger eingeschränkten Funktionsumfang.
Für den einfachen DVD-Player im Wohnzimmer bleibt oft nur AVI, das die DivX-fähigen bzw. »MPEG4-fähigen« Hardwareplayer verwenden. Man sollte allerdings mit verschiedenen Einschränkungen rechnen. MP4 steht dank Neros Zertifizierungsprogramm als moderner Ersatz in den Startlöchern und gehört auf Handys und anderen mobilen Geräten schon länger zum Standard. Auch Matroska stößt bei Hardwareherstellern auf steigendes Interesse, seit sich der Container als De-facto-Szenestandard etabliert hat. Wer heute einen Player fürs Wohnzimmer kauft und nicht nur auf möglichst billig aus ist, sollte sich von AVI verabschieden.
Am Computer brauchen wir uns mit solchen Überlegungen nicht herumschlagen. Die Wahl hängt rein von den benötigten Features und dem persönlichen Geschmack ab. – Ach, was sag ich! Matroska wird sie alle in die Tasche stecken! :-) Soll heißen, ich habe meine Wahl längst getroffen.