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Die Audiocodecs

Das Audiocodec-Universum ist im Lauf der Zeit deutlich komplizierter geworden. Früher galt die einfache Formel »MP3 oder bei genügend Platz AC-3«. Trotz der neuen Formatevielfalt ist das in etwas abgewandelter Form immer noch eine brauchbare Empfehlung. Doch werfen wir einen genauen Blick auf die verschiedenen Möglichkeiten.

Genaue Downloadadressen für alle Encoder folgen später im Kapitel Die nötige Software.

MP3

Der Klassiker. Mit MP3 brauchen wir uns um Abspielprobleme keine Sorgen zu machen: läuft überall. Der große Nachteil ist die Beschränkung auf Stereo; den 6-Kanal-Ton der DVD können wir mit MP3 nicht beibehalten.

MP3 erreicht transparente (also vom Original nicht mehr zu unterscheidende) Qualität in der Region um 130 kbit/s oder bei sehr musiklastigen Filmen um die 140 kbit/s; einen sinnvoll konfigurierten und qualitativ hochwertigen Encoder vorausgesetzt.

Wenn wir von MP3 sprechen, sollten wir ganz selbstverständlich auch vom LAME-Encoder sprechen. Es gibt keinen weiter entwickelten MP3-Codec und kaum einen Grund, LAME nicht zu verwenden. Für Audiocodecs im Allgemeinen und LAME im Besonderen gilt, keine Experimente mit obskuren Optionen anzustellen, sondern sich an die gut getesteten Standardeinstellungen zu halten. Gäbe es Optionen, die die Qualität spürbar erhöhen würden, dann wären die schon längst in den »professionellen« Empfehlungen enthalten. Konkrete Konfigurationen sehen wir uns im Praxisteil an.

Vorbis

Für Stereoton ist Vorbis der Konkurrent zu MP3, besonders bei geringer Datenrate. 80–100 kbit/s sind für normale Filme ohne Bedenken machbar, und die derzeitige Entwicklung arbeitet stark daran, Vorbis für noch niedrigere Bitraten zu optimieren.

Düsterer sind die Aussichten für Mehrkanalton. Zwar besitzt Vorbis einen solchen Modus, allerdings ist der weder intensiv getestet noch wirklich ausgereift. Da die aktiven Entwickler für Verbesserungen hauptsächlich Musik und kaum Tonspuren im Hinterkopf haben, bleibt die Mehrkanalfähigkeit unbeachtet. Um qualitativ auf der sicheren Seite zu stehen, müssen wir im Multichannel-Modus mit AC-3-ähnlichen Bitraten kalkulieren, und damit bleibt Vorbis praktisch auf Stereo beschränkt.

Seit einigen Jahren ist es normal, dass der offizielle Vorbis-Encoder die interessantesten und neusten Optimierungen meistens nicht enthält. Deswegen sollten wir uns lieber an die aoTuV-Variante halten.

AAC

Advanced Audio Coding ist das offizielle Audioformat des MPEG-4-Standards. Es ist besonders interessant, weil es zur Zeit als einziges Format 6-Kanal-Ton mit deutlich geringeren Bitraten als AC-3 encodieren kann. Je weiter wir den Funktionsumfang von AAC ausreizen, desto länger dauert das Encoding und desto mehr CPU-Leistung ist bei der Wiedergabe nötig. Andererseits steigt natürlich die Kompressionsleistung. Im Wesentlichen gibt es drei Komplexitätsstufen, sogenannte Profile.

Der bekannteste Encoder ist sicherlich Nero, der sowohl im Nero-Gesamtpaket enthalten ist als auch als kostenloser Kommandozeilen-Encoder heruntergeladen werden kann. Daneben steht Winamp als zweiter wichtiger AAC-Encoder mit Unterstützung für unser Audio-Transcodingtool BeSweet. Obwohl beschränkt auf CBR, liefert er gute Ergebnisse. Ich persönlich verzichte trotzdem ungern auf den VBR-Modus und verwende deshalb Nero.

Im Lager der nicht-kommerziellen Software sieht es in Sachen AAC-Encoder düster aus. Besonders dass aus diesem Bereich ein HE-fähiger Encoder fehlt, macht Nero und Winamp zu den einzigen für uns ernsthaft nützlichen Alternativen.

AC-3

Im fertigen Encoding AC-3 einzusetzen, ist eine einfache Lösung, weil wir die Tonspur unverändert von der DVD übernehmen. Es entfällt sowohl die Arbeit als auch der Qualitätsverlust des Transcodings, und natürlich bleibt der Mehrkanal-Ton erhalten. Nachteil: 5.1-AC-3 ist mit 384 kbit/s oder 448 kbit/s recht groß, benötigt also eine entsprechend hohe Zielgröße, damit die Videoqualität nicht leidet. Dank DVD-Brenner ist das heute kein großes Problem mehr, denn bei ½ DVD-5 als Zielgröße ist nahezu immer Platz für mindestens eine AC-3-Spur. Für das urklassische, hochkomprimierte 1-CD-Encoding können wir AC-3 dagegen vergessen. Allerdings muss AC-3 nicht immer 6 Kanäle enthalten, auch 192-kbit-Stereo (z.B. die deutschen Tonspuren der Indiana-Jones-DVDs) oder sogar Mono (z.B. manche Audiokommentare) sind möglich.

Selber AC-3 in guter Qualität zu encodieren, ist vor allem mit einem teuren kommerziellen Encoder gut möglich, der auch alle Feinheiten des Formats unterstützt. Nichtkommerziellen Encoder haben zwar aufgeholt, trotzdem kann ich sie bestenfalls für den Notfall empfehlen. Nach wie vor gilt, von BeSweets ac3enc tunlichst die Finger zu lassen. Als Alternative bietet sich Aften an, der zwar nicht den vollen AC-3-Funktionsumfang bereitstellt, aber halbwegs sinnvolle Qualität liefert und inzwischen sogar mit BeSweet zusammenarbeitet.

Welchen Encoder wir auch immer verwenden, AC-3 bleibt auf hohe Bitraten ausgelegt. Dass die DVD für 6-Kanal-Spuren die Untergrenze von 384 kbit/s definiert, hat seinen Grund. Ich würde empfehlen, bei 5.1-AC-3s nicht unter 300 kbit/s und bei Stereo-AC-3s nicht unter 192 kbit/s zu gehen.

DTS

DTS (Digital Theater Systems) ist inzwischen auf DVDs leider recht weit verbreitet. Wie AC-3 arbeitet DTS mit konstanter Bitrate, verwendet aber höhere Bitraten (768 oder 1536 kbit/s) und unterstützt einen Kanal mehr (6.1). Allerdings ist mir noch nie eine 6.1-DTS-Spur über den Weg gelaufen.

Ohne für einen professionellen Encoder tief in den Geldbeutel zu greifen, können wir DTS nicht selbst erzeugen. Bliebe also nur, die Originalspur in den fertigen Film zu übernehmen. Die Container, die AC-3 unterstützen, kommen auch mit DTS zurecht. Persönlich finde ich es allerdings fragwürdig, für eine Audiospur so viel Platz zu opfern, wenn doch eine qualitativ praktisch identische AC-3-Spur zur Verfügung steht. Da sich DTS außerdem nur recht umständlich verarbeiten lässt, werden wir uns um das Format nicht weiter kümmern.

Empfehlung

Wichtigster Einflussfaktor auf den Audiocodec ist aber der gewünschte Film-Container. Entscheiden wir uns für AVI, müssen wir uns gleichzeitig von Vorbis verabschieden, da Vorbis nicht in AVI gemuxt werden kann. Einige Hardwareplayer haben Probleme mit VBR MP3, und AAC in AVI unterstützt soweit ich weiß keiner. Auch MP4 hat einige Einschränkungen: Vorbis und AC-3 sind nicht möglich. Am unproblematischsten ist Matroska, da dieser Container ganz bequem alle angesprochenen Audioformate unterstützt.

Die nächste Frage gilt der gewünschten Anzahl Kanäle. Wollen wir, falls vorhanden, den originalen 6-Kanal-Ton beibehalten, bleibt uns praktisch nur die ursprüngliche AC-3 oder AAC. Außerdem gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass sich irgendwann doch einmal jemand um den Multichannel-Modus von Vorbis kümmert.

Als letztes sollten wir auch Qualität und Kompatibilität der einzelnen Codecs betrachten. Wer seine Encodings auf dem Standalone-Player abspielen will, wird sich wohl oder übel auf MP3 (und evtl. AC-3) beschränken müssen. Davon abgesehen bietet sich MP3 nicht mehr an, denn Vorbis und AAC erreichen die gleiche Qualität bei geringeren Bitraten. Als offizielles MPEG-4-Audioformat dürfte AAC langfristig die besten Chancen haben sich durchzusetzen. Zusätzlich stellt sich im Zeitalter von DVD±R und spottbilligem Festplattenspeicher die Frage: Warum nicht gleich AC-3 behalten, wenn sowieso massig Platz verfügbar ist? Das gilt natürlich weniger für das klassische Encoding auf ein bis zwei CDs.

Alles in allem kann ich doch eine recht klare Empfehlung geben. Für 5.1-Ton bieten sich die Original-AC-3 oder eine kompakte HE-AAC-Spur an. Verwenden wir nur Stereo, spielt oft die Kompatibilität eine große Rolle; dann schlägt sich MP3 am besten.

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