Für die Audiospuren gibt es viele Möglichkeiten; die einfache alte Formel »MP3 oder bei genügend Platz AC3« gilt nicht mehr. Deshalb sehen wir uns erst einmal die verschiedenen Audioformate an.
MP3 Der Klassiker. Mit MP3 brauchen wir uns um Abspielprobleme keine Sorgen zu machen, läuft überall. Der Platzbedarf liegt mit etwa 140 - 150 kbit/s im Rahmen, Raten unter 128 kbit/s sollten wir vermeiden. Größter Nachteil ist die Beschränkung auf Stereo. Den 6-Kanal-Ton der DVD können wir mit MP3 nicht beibehalten.
AC3 Der Original-Ton von der DVD. Behalten wir ihn, entfällt die Konvertierung. Ohne die haben wir auch keinerlei Qualitätsverlust, und natürlich bleibt der Mehrkanal-Ton erhalten. Großer Nachteil: AC3 ist mit 384 kbit/s oder 448 kbit/s verdammt groß, so dass wir ihn für 1-CD-Rips oder mehrsprachige Videos fast immer vergessen können.
Allerdings muss AC3 nicht immer 6 Kanäle enthalten, auch 192-kbit-Stereo (z. B. die deutschen Tonspuren der Indiana-Jones-DVDs) oder sogar Mono (z. B. Audiokommentare) sind möglich.
dts Der Digital Theater Sound ist inzwischen auf DVDs sehr beliebt. Prinzipiell gilt das gleiche wie bei AC3, nur dass dts mit noch höheren Bitraten (768 kbit/s aufwärts) arbeitet. Persönlich finde ich es blödsinnig, für eine Audiospur so extrem viel Platz zu opfern.
Vorbis Für Stereosound der Konkurrent zu MP3. 80 kbit/s klingen immer noch einwandfrei. Auch bei hoher Qualitätseinstellungen werden die 128 kbit/s kaum überschritten. Vorbis kann auch Mehrkanal-Ton, allerdings ist dieser Modus weder groß getestet noch wirklich ausgereift. Damit bleibt Vorbis praktisch auf Stereo beschränkt.
AAC ist das »MP3 der Zukunft« und offizielles Audioformat des MPEG-4-Standards. V. a. im HE-Modus ist die Komprimierungsleistung phantastisch: 70 kbit/s für Stereo sind kein Problem und 6-Kanal-Ton kriegen wir problemlos in 128 kbit/s unter. Zwei Nachteile: Gerade der HE-Modus braucht beim Abspielen einiges an Rechenleistung. Für ältere Rechner unter 500 MHz schrumpfen AACs Vorteile damit kräftig zusammen. FAAC, der einzige kostenlose AAC-Encoder, beherrscht auch nur den LC-Modus, nicht HE. Wer also die Vorteile von AAC vollständig nutzen will, kommt um einen kommerziellen Encoder nicht herum (Nero ist der beliebteste). Gerade für Besitzer einer Heimkino-Anlage lohnt sich die Investition aber auf alle Fälle.
Empfehlung Wer seine Encodings auf dem Standalone-Player abspielen will, wird sich wohl oder übel auf MP3 (und evtl. AC3) beschränken müssen. In (mehr oder weniger) naher Zukunft könnte AAC dazustoßen. Davon abgesehen bietet sich MP3 nicht mehr an. Vorbis und AAC erreichen die gleiche Qualität bei geringeren Bitraten, zudem bietet MP3 keinen 6-Kanal-Ton. Als offizielles MPEG-4-Audioformat dürfte AAC langfristig die besten Chancen haben sich durchzusetzen. Nachteil im Moment ist das Fehlen eines freien Encoders, der alle Features unterstützt. Aber das kann sich jederzeit ändern. Und wer weiß was passiert, wenn jemand auf die Idee kommt, den Multichannel-Modus von Vorbis weiterzuentwickeln. Zusätzlich stellt sich im Zeitalter der DVD±R die Frage: Warum nicht gleich AC3/dts behalten, wenn auf der Scheibe eh massig Platz ist? Das gilt natürlich nicht für das klassiche Encoding auf 1 - 2 CDs.
Anmerkung: Für AC3 und dts können wir den ganzen BeSweet-Prozess überspringen, da wir ja den Sound original von der DVD einfach übernehmen.
Das Tool der Wahl für Audio-Transcoding heißt BeSweet. Allerdings ist BeSweet ein Kommandozeilen-Programm, weshalb wir lieber die BeSweetGUI verwenden, um die kryptischen Optionen nicht selbst eingeben zu müssen - jedenfalls solange, bis die Kommandozeilenparameter in Fleisch und Blut übergegangen sind ;-).
Wir starten die BeSweetGUI und wechseln mit den Buttons rechts auf die Azid1-Seite. Azid ist dafür zuständig, die Quell-AC3 zu decodieren und eventuell deren 6-Kanäle auf Stereo umzurechnen.
Anmerkung: Die Bezeichnungen der Tonformate sind etwas irreführend. 6-Kanal und 5.1 bezeichnet das selbe. Nur zählt man einmal alle Kanäle (vorne links und rechts, hinten links und rechts, Center und LFE), wogegen bei der 5.1-Schreibweise der Basskanal (LFE) extra dargestellt wird.
Als erstes kümmern wir uns um die Azid-Einstellungen. Azid ist dafür zuständig, die AC3-Tonspur zu decodieren und eventuell 6-Kanal auf 2-Kanal (Stereo) umzurechnen. Für 5.1-nach-Stereo-Konvertierung sollte die Azid1-Seite so aussehen:
Um zu viel Bass zu vermeiden, stellen wir LFE to LR Channels auf -3db. Die 2/0 bei Decode (Front/Rear) stehen für »umrechnen auf Stereo«.
Bleibt die Einstellung der Dynamic Compression. Als Dynamik des Sounds bezeichnet man die Unterschiede zwischen lauten und leisen Passagen. Je höher die Dynamik, desto höher ist der Lautstärken-Unterschied zwischen leisen und lauten Passagen. Die Audio-Spur eines Films hat von Natur aus eine recht hohe Dynamik. Das wird ganz klar, wenn wir uns den Showdown mit knatternden Maschinengewehren und die geflüsterte Liebesszene im Vergleich vorstellen.
Um später keine nervig leise MP3 zu bekommen, gleichen wir mit der Dynamic Compression die Unterschiede in der Lautstärke an, d. h. im Extremfall hört sich das Flüstern genauso laut an wie die Maschinengewehr-Salve. Mit der Einstellung normal treiben wir es lange nicht so weit und erreichen eine für Stereo angemessene Dynamik-Kompression.
Anmerkung: Für Stereo-AAC muss auch Normalize to 100% aktiviert werden.
Behalten wir den 6-Kanal-Ton bei (nur bei AAC), sieht die Azid1-Seite so aus:
Die 3/2 bei Decode (Front/Rear) weist Azid an, alle 6 Kanäle beizubehalten. Um den Sound nicht unnötig zu verfälschen, sollten wir eine geringere Dynamic Compression als für Stereo nehmen. Da mir die Dynamik der AC3 manchmal einfach zu hoch ist, bevorzuge ich eine leichte Kompression. Man könnte sie auch ganz deaktivieren.
Normalize to 100% normalisiert die Lautstärke der Tonspur. Diese Einstellung ist an dieser Stelle nur für AAC nötig. Mehr dazu weiter unten.
Die Azid2-Seite stellen wir immer so ein:
Wer die Dynamikkompression genauer konfigurieren möchte, nimmt anstatt Azids Dynamic Compression Boost. Achtung! Nicht beides zusammen verwenden!
Boost hat es in sich. Wir können damit das letzte bisschen Dynamik aus der Tonspur herauskomprimieren, was in meinen Ohren schon nicht besonders gut klingt. Dazu kommt die Gefahr, durch zu viel Kompression Störgeräusche im Sound zu erzeugen. Deshalb sollten wir uns gut überlegen, ob der Einsatz von Boost wirklich nötig ist. Der Weg über Azids Dynamic Compression ist meistens der bessere. Ich habe Boost noch nie verwendet und habe das bis jetzt auch noch nicht bereut.
Wenn's denn sein soll, LigH schlägt im Doom9/Gleitz-Forum folgendes vor: Compression Mode LigH mit einem Boost Factor um 3 macht Sinn, wenn der ursprüngliche Ton schon Stereo ist. Für 6-Kanal ist dagegen Dg mit Boost-Factor um 4 sinnvoller.
Weiter geht's auf die BeSweet-Seite.
Hier stellen wir bei (1) Quell- und Zieldatei ein. Vorsicht dabei, die GUI ist etwas eigenwillig programmiert. Eine zusätzliche Kontrolle, ob die Dateinamen auch wirklich passen, kann nicht schaden. Bei der ersten Verwendung der GUI müssen wir evtl. auch den Pfad zur BeSweet.exe angeben.
Bei (2) stellen wir rechts das gewünschte Sound-Ausgabeformat ein, also MP3, Ogg Vorbis oder MP4 (AAC). Ein Haken bei Compress Dynamic Range aktiviert die Boost-Einstellungen, Downconvert Sample Rate sollte abgeschaltet bleiben. Wenn eine solche Konvertierung nötig wird (bei AAC), erkennt das BeSweet automatisch. Um nach dem Transcoding feststellen zu können, ob Fehler aufgetreten sind, sollten wir die Log File Options aktivieren.
Damit kommen wir zu (3). Delay ist der Wert, um den die Audiospur zum Video verschoben sein muss, um exakt synchron zu werden. Diese Angabe steht im Dateinamen, »DELAY -23ms« in unserem Fall. Diesen Wert (incl. Vorzeichen!) übernehmen wir in das gelbe Feld.
Das Delay an dieser Stelle schon zu berücksichtigen ist nicht zwingend. Wenn wir später Audio und Video zusammenmuxen, können wir es auch dort angeben. Wichtig ist: Nur eine der beiden Methoden verwenden! Wer das Delay mit BeSweet abhandelt, darf es später nicht noch ein zweites Mal berücksichtigen. Anders herum genauso: Wer es nicht in BeSweet abhandelt, muss es dann später beim Muxen tun.
Abschließend müssen wir den Sound noch normalisieren, d. h. die Lautstärke auf 100% anheben. Durch die Dynamic Compression haben wir zwar schon die Lautstärken-Unterschiede innerhalb der Tonspur angeglichen, insgesamt ist sie aber immer noch viel zu leise. Deshalb stellen wir HybridGain (4) ein, aber nur bei MP3 oder Vorbis als Ausgabeformat! Für AAC haben wir die Normalisierung schon durch die Normalize to 100%-Einstellung auf der Azid1-Seite erledigt.
Über den grünen Button rechts (AC3 to MP3, die Beschriftung passt sich jeweils den Audioformaten an) können wir die Konvertierung starten - halt! Später. Erst müssen wir noch den passenden Encoder konfigurieren.
MP3 mit dem Lame-Encoder
Mehr als die Alt Presets brauchen wir nicht. Die bieten für jeden Film eine passende Einstellungen und sind sehr intensiv getestet. Für einen normalen 2-CD-Rip eignet sich die alt-preset fast standard-Einstellung gut. Wer mit einem schnellen Rechner ausgestattet ist, kann das fast weglassen, um noch ein bisschen mehr Qualität heraus zu kitzeln. Der Unterschied ist aber marginal, dafür läuft fast standard mehr als doppelt so schnell. Das Preset erzeugt eine MP3-Datei mit variabler Bitrate und einwandfreier Qualität, deren Bitrate bei etwa 140 - 160 kbit liegt. Mehr ist wirklich nicht nötig.
Gerade für 1-CD-Rips kann das Standard-Preset aber schon einmal zu viel sein, dann müssen wir die Bitrate weiter drücken. Alt Preset abr 128 dürfte sich dafür gut eignen.
abr steht für average bitrate, d.h. die Bitrate ist variabel, ihr Durchschnitt wird vom Encoder aber auf den angegebenen kbit-Wert getrimmt wird. Schließlich können wir noch cbr auswählen. Das steht für constant bitrate, d. h. die Bitrate ist für die komplette Datei festgelegt und ändert sich nicht. Variable Bitrate erzeugt bei gleich großen Dateien bessere Qualität, deswegen sollten wir an CBR nicht zu viele Gedanken verschwenden.
Vorbis
Ähnlich simpel wie bei Lame sind die Vorbis-Einstellungen. Wir müssen uns nur für den gewünschten Quality-Level entscheiden. 0.200 ergibt etwa 80 kbit/s und ist als sichere Untergrenze recht brauchbar. 0.500 liefert uns etwa 135 - 140 kbit/s und taugt gut als Obergrenze.
AAC mit dem Nero-Encoder
Um den Nero-Encoder verwenden zu können, kopieren wir erst die Aac.dll und aacenc32.dll aus C:\Programme\Gemeinsame Dateien\Ahead\AudioPlugins in den BeSweet-Ordner und erledigen dann die Konfiguration auf der DTS / AAC / MP4-Seite.
Stereo dürfte sich selbst erklären. Wollen wir 6-Kanal-Ton und arbeiten mit einer älteren Nero-Version bis 6.0.0.11, wählen wir 5.1 (OLD), bei neueren Neros nehmen wir 5.1 (NEW).
Bei ausgeschaltetem Show Configuration Dialog übernimmt Nero ohne Nachfrage die Einstellungen vom letzten Encoding. Ist die Option aktiviert, öffnet sich der Einstellungen-Dialog des Codecs. Das passiert allerdings erst einige Minuten nach dem Encoding-Start, wenn der Normalisierungsdurchlauf abgeschlossen ist.
Als AAC Profile stellen wir HE (High Efficiency) ein. Variable Bitrate regelt die Qualität/Dateigröße. Für Stereo-Ton liefert uns das Streaming-Profil kompakte 75 kbit/s, das ist wenig genug. Für 6 Kanäle können wir circa diese Bitraten erwarten:
Tape | 115 |
Radio | 128 |
Internet | 160 |
Streaming | 210 |
Dabei klingt Tape immer noch gut. Meistens verwende ich Internet.
HE funktioniert übrigens nicht mit höheren Einstellungen als Streaming. Nero schaltet dann automatisch auf LC um.
Damit sind alle Einstellungen abgeschlossen. Wir wechseln zurück auf die BeSweet-Seite und starten den kompletten Transcoding-Vorgang mit dem grünen Button. (Bei AAC daran denken, dass der Codec-Dialog erst nach der Normalisierung auftaucht.) Je nach Rechenleistung kann das eine Zeit lang dauern.
Den ganzen Vorgang wiederholen wir für evtl. weitere Audiospuren. Zwar hätten wir das Audio-Transcoding auch mit Gordian Knot erledigen können, allerdings stehen uns dort lange nicht alle Optionen von BeSweet zur Verfügung. Außerdem lässt sich das Video schöner kalkulieren, wenn die Größen der Audiospuren schon exakt feststehen.